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Die Leberwerte im Zusammenhang mit der MP Untersuchung

MPU oder „medizinisch psychologische Untersuchung“ – hier handelt es sich um einen Test, der die Fahreignung eines „Antragstellers“ beurteilen soll. Ziel der Selektion durch die MPU ist das Eliminieren von potentiellen Verkehrsrowdies und damit eine Senkung der Verkehrsunfälle.

Beim „gemeinen Volk“ wird dieser Test meist immer noch als „Idiotentest“ bezeichnet. Der brave Beamte hat für diesen Test sein eigenes Deutsch geschaffen und nennt ihn „Begutachtung der Fahreignung“. Daher wird ein solcher Test auch nicht in der Idiotenanstalt durchgeführt, sondern an der „Begutachtungsstelle für Fahreignung“.

Dieser Test ist fast so alt wie die Bundesrepublik Deutschland. Es gibt ihn seit 1954. Sinn und Zweck sollen angeblich die Beurteilung einer Fahreignung sein bei Kandidaten, die durch Auffälligkeiten im Straßenverkehr aufgefallen sind und als mögliches Risiko für die Verkehrssicherheit gelten.

Wenn also die „Fahreignung“ überprüft werden muss, dann werden verschiedene Formen der Eignung getestet: die körperliche, geistige und psychologische Eignung. Dies fällt unter die merkwürdige Kategorie „Mobilitätskompetenz“, ein weiteres Beispiel für kompetentes Beamtendeutsch.

Diese Mobilitätskompetenz wird von Verkehrspsychologen als „die Gesamtheit überdauernder körperlicher, geistiger und verhaltens- beziehungsweise einstellungsbezogener Voraussetzungen eines Fahrers zum sicheren und partnerschaftlichen Führen von Kraftfahrzeugen“ definiert.

Für unsere Thematik sind die psychologischen und verhaltens- beziehungsweise einstellungsbezogenen Aspekte weniger interessant. Denn diese lassen sich nur sehr bedingt aus den Untersuchungen der Leberwerte ersehen. Aber gewisse körperliche Aspekte sind durchaus mit der Hilfe der Labordiagnostik beurteilungsfähig, beziehungsweise glaubt die Begutachtungsstelle, dass sie es sind.

Das Gros der MPU-„Antragsteller“ musste sich in der Vergangenheit diesem Test unterziehen, da sie beim Fahren unter Alkoholeinfluss ertappt worden waren. Im Jahre 2010 spricht die Statistik von 54 Prozent Alkoholsündern unter den MPUs. Fahren unter Drogen- oder Medikamenteneinfluss liegt mit 20 Prozent schon abgeschlagen auf dem zweiten Platz der Statistik.

Damit ist der Grund, sich die Leberwerte bei einem Prüfling einmal genauer anzusehen, bei jedem zweiten Kandidaten der Hauptgrund der Untersuchung. Hier liegt der Schwerpunkt auf der Untersuchung von gesundheitlichen Veränderungen, die aufgrund von übermäßigem, chronischen Alkoholkonsum oder Drogen- und Medikamentenmissbrauch eingetreten sind.

Neben einer groben körperlichen Untersuchung, Abtasten der Leber, Kontrolle der grob- und feinmotorischen Reflexe, einer visuellen und kinästhetischen Abklärung der äußeren Erscheinungsform, die mögliche Aufschlüsse auf übermäßigen Alkoholkonsum abgibt, ist die Laborkontrolle der zentrale Bestandteil dieser Untersuchung.

Bei dieser Untersuchung werden „alte Bekannte“ untersucht, die ich schon in den anderen Beiträgen dieses Leberwerte Lexikons näher unter die Lupe genommen hatte:
Gamma-GT, GOT (ASAT), GPT (ALAT) und MCV, welches noch nicht besprochen worden ist.

Beim MCV handelt es sich um das „Mittlere Erythrozyteneinzelvolumen“ (im Englischen als „mean corpuscular/cell volume“ bezeichnet – daher die Abkürzung MCV). Man geht bei der Messung der Größe der Erythrozyten davon aus, dass die sich unter einer chronischen Einnahme von Alkohol pathologisch vergrößern. Aber wie schon bei den anderen Leberparametern ist dies keinesfalls eine absolut sichere Ausschlussmethode, da vergrößerte Erythrozyten auch bei Vitamin-B12-Mangel und einem Folsäure-Mangel vorliegen.

Hier noch einmal eine Tabelle mit den Referenzwerten für „Normalwerte“:

LeberparameterNormbereich MännerNormbereich Frauen
Gamma-GT6-28 U/l4-18 U/l
GOT5-18 U/l0-15 U/l
GPT5-23 U/l0-19 U/l
MCV80-105 fl83-93 fl

Seit Anfang 2003 gibt es andere Referenzwerte, die auf neueren Messverfahren beruhen. Da hier die Referenzwerte deutlich höher liegen, bringt das oft Fragen und Irritationen mit sich.

Der Referenzbereich hat sich insofern geändert, dass ein zum Beispiel männlicher Aspirant mit einem durchschnittlichen Gamma-GT von bislang 12 bis 15 U/l (Normalbereich 6 bis 28 – siehe Tabelle oben) im absoluten Mittelfeld lag. Aufgrund der neuen Messmethoden zeigt er Werte von 30 bis 36 U/l und liegt damit ebenso im Mittelfeld der neuen Norm.

Hier die Tabelle mit den Referenzbereichen für die neuen Messmethoden:

LeberparameterNormbereich MännerNormbereich Frauen
Gamma-GT< 66 U/l< 39 U/l
GOT< 38 U/l< 32 U/l
GPT< 41 U/l< 31 U/l
MCV78-98 fl78-98 fl

In den anderen Beiträgen dieser Webseite hatte ich ja schon mehrfach darauf hingewiesen, dass die Aussagekraft der Laborwerte keine zwingenden Angaben über Erkrankungen und somit auch nicht über einen möglichen Alkoholmissbrauch machen kann. Von daher scheint die Wertung der Laborbefunde in den letzten Jahren mehr und mehr abzunehmen.

Die Untersuchung auf MCV als Langzeitindikator ist ebenfalls kaum aussagekräftig, so dass in vielen Untersuchungen dieser Parameter nicht mehr auftaucht. Auf der anderen Seite zeigt sich immer häufiger, dass vollkommen unauffällige Laborwerte auch keine Garantie dafür sind, dass bei dem untersuchten Probanden kein Alkoholmissbrauch vorliegt. Nicht selten sind vollkommen normale Werte verbunden mit einem chronischen Alkoholmissbrauch.

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Damit wären die Laborbefunde nichts mehr als der berühmte Blick in die Glaskugel oder das Lesen aus dem Kaffeesatz. Oder mit anderen Worten: Unauffällige Laborwerte sprechen nicht unbedingt für den Betroffenen; sie sind eher ohne Bedeutung.

Auffällige Werte ohne ärztliche Abklärung (ob ein Medikamenten- oder Drogenmissbrauch vorliegt, eine überstandene Hepatitis usw.) werden in der Regel als Beweis für unglaubwürdige Abstinenzbekundungen seitens des Betroffenen gewertet.

Neue Messmethoden zur Erfassung des Alkoholismus

CDT ist das neue Zauberwort. Diese Abkürzung steht für „Carbohydrate-Deficient-Transferrin“ – auf Deutsch: Kohlenhydrat-Mangel-Transferrin. Dieser Test ist sensibler und spezifischer als die Tests auf die bisher bekannten Leberenzyme – zumindest was den Alkohol angeht. CDT, auch Desialotransferrin genannt, ist eine Variante des Tranferrins, das im menschlichen Serum für den Eisentransport im Blut außerhalb der Erythrozyten zuständig ist.

Transferrin ist ein Glykoprotein und trägt als solches an mehreren Stellen eine Reihe von Kohlenhydratseitenketten. Unter Alkoholzufuhr jedoch verändert sich die Struktur des Transferrins in charakteristischer Weise. Die besagten Seitenketten gehen nach und nach verloren.

Dazu werden die Enzyme, die diese Kohlenhydratseitenketten aufbauen, ebenfalls durch den Alkohol gestört. Dies bewirkt eine weitere Veränderung der Seitenketten beziehungsweise der Aufbau dieser Ketten wird unterbunden. Damit steigt mit zunehmenden beziehungsweise anhaltendem Alkoholkonsum die Zahl an Transferrinen mit fehlenden oder eingeschränkten Kohlenhydratseitenketten.

Für die Beurteilung eines erhöhten oder dauerhaften Alkoholkonsums muss man mindestens eine Woche warten. Denn erst dann steigen die Werte so hoch, dass sie beurteilbar werden. Innerhalb dieser Woche muss der Betroffene täglich mehr als 60 Gramm Alkohol zu sich nehmen, was einer Flasche Wein (0,75 Liter) oder 1,5 Liter Bier entspricht.

Unterbricht der Betroffene dann seinen Alkoholkonsum, da er weiß, dass er noch zum „Idiotentest“ muss und dort nicht labordiagnostisch auffallen will, dann sind diese Transferrin-Werte noch zwei bis vier Wochen von Bestand. Denn die Halbwertzeit der erhöhten Werte liegt bei 14 bis 17 Tagen. Die Sensitivität der CDT-Untersuchung liegt bei 81 bis 93 Prozent und die Spezifität sogar bei 98 Prozent.

Für einen kurzzeitigen beziehungsweise einmaligen Alkoholgenuss dagegen gibt es lediglich nur erhöhte Gamma-GT- oder ASAT- und ALAT-Spiegel, aber keine Erhöhung von CDT. Damit ist die Bestimmung von CDT geeignet für die Diagnostik Alkoholkranker, zur Abklärung von erhöhten Leberwerten, die keine Aussage über die Ursache zulassen. Man kann Entziehungskuren durch die Bestimmung überwachen lassen und, wie in dem Fall der MPU einen chronischen Alkoholgenuss ausschließen oder bestätigen.

Die Referenzbereiche jedoch sind je nach der angewandten Meßmethode höchst unterschiedlich. In der Regel wird eine relative Maßeinheit genommen, die den prozentualen Anteil von CDT zum Gesamt-Transferrin ermittelt.

Normale Werte liegen unter 1,75 Prozent (bei anderen Tests sind es 2,6 Prozent). Männer, die über 60 Gramm Alkohol täglich konsumieren, haben CDT-Anteile von bis zu 18 Prozent. Frauen können diese Werte schon mit 50 Gramm Alkohol pro Tag erreichen.

Der Nachteil dieser Bestimmung ist, dass sie aufwendig und teuer ist. Darüber hinaus gibt es auch kritische Stimmen, die die Bestimmungsmethodik in Bezug auf ihre Zuverlässigkeit in Frage stellen (Carbohydrate-deficient transferrin as a marker of chronic alcohol abuse: a critical review of preanalysis, analysis, und interpretation.)

Fazit

Die Labordiagnostik bei der MPU ist aus meiner Sicht ins Abseits geraten. Es ist kein Wunder, das dem so ist, wo die Laborbefunde alles und gar nichts aussagen.

Beitragsbild: iStock

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